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Gedanken zu Ableben von Manfred Stolpe

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Bild zur Meldung: Gedanken zu Ableben von Manfred Stolpe

Johannes Wurms Wehnsdorf

Mit tiefem Bedauern habe ich – wie ich meine geht das nicht nur mir so - die Nachricht vom Ableben von Manfred Stolpe gelesen. Er war für uns Brandenburger der Inbegriff, als Vertreter des Ostens in den frühen Jahren der wiedervereinten Bundesrepublik.

Manfred Stolpe war seit seinem Eintritt in den kirchlichen Dienst mit der Lausitz und speziell auch mit Luckau eng verbunden. Als Jurastudiumabsolvent war der Dienst innerhalb der Kirche doch noch etwas Neues, was ihm wohl kaum gelehrt wurde. Kirchenrecht und –verwaltung waren da nicht im Lehrplan der Jurastudenten in der DDR. Stolpe wurde daraufhin nach Luckau geschickt, um in diesen Fragen in die Praxis einzutauchen. Er logierte da in der Superintendentur Schulstr. 2 im sogenannten Glaspalast, einem Zimmer bei dem eine ganze Außenwand aus Schiebefenstern bestand. Wenn er auf den Flur trat, waren zur Linken das Büro des Kirchenrentenamtes und zur Rechten das des -steueramtes des Kirchenkreises Luckau. Das war wohl sehr praktisch für diesen Zweck, weshalb man auch die Superintendentur in Luckau dafür auswählte.  Wir Kinder sahen ihn damals nur zum Mittag- und Abendessen oder zu Gesprächsrunden mit anderen Leuten im Wohnzimmer vor dem langen Bücherschrank.

Später wurde er dann neben den Aufgaben im Konsistorium der damals noch vereinten Landeskirche Berlin/Brandenburg Referent beim Generalsuperintendent Günter Jakob in Cottbus, zu dessen Sprengel auch Luckau gehörte. Eine besondere Rolle hatte er Anfang der sechziger Jahre für die sogenannten „Bausoldaten“, die als erste Einheit in Alteno bei Luckau stationiert waren. Das Gesetz über den Umgang mit Verweigerern am Dienst an der Waffe war noch ganz neu und es kam da immer wieder zu Konflikten zwischen den „Bausoldaten“ und ihren Offizieren, die damit auch erst mal umgehen mussten. „Kirche im Sozialismus“ bedeutete für Stolpe nicht die Aufgabe eigener Prinzipien. Die mussten immer wieder erstritten werden und das kann man nur, wenn man miteinander redet.

Das war ein ganz ungewohntes Bild, wenn man damals in den Gottesdienst kam: Da saßen lauter Uniformierte in den Reihen, die sprachen Sächsisch, Platt und andere Dialekte. Da wurde die Gemeinde aufgefordert einen Bausoldaten zum Mittagessen mitzunehmen, um ihm ein wenig "zu Hause" zu geben. Daraufhin waren in der Regel alle Soldaten vergeben. Am Nachmittag traf man sich bei uns und es entstanden verschiedene Gesprächsrunden: Die eine setzte sich ins Auto und fuhr nach Bornsdorf an den Horstteich wo man unabgehört reden konnte, Andere trafen sich im Garten in einer Ecke, die Anderen spielten Bogia. Für mich war das eine sehr interessante Zeit, denn unter den Bausoldaten waren Mathematiker, Orgelbauer, Tischler oder auch ein Leiter eines damals noch „Halbstaatlichen“ Betriebes, der Badeöfen baute. Also aufgeweckte und mitten im Leben stehende Menschen. M. Stolpe verstand es Probleme herauszukristallisieren, dann zu verallgemeinern oder auch nicht und sie dann auch vor den staatlichen „Organen“ zu vertreten. Das war ja letztlich der Punkt, den die „Wessis“ nicht verstanden haben und ihm sogar Stasiverbindungen unterstellten. In den alten Unterlagen meines Vaters Wilhelm Wurms fand ich noch einen regen Schriftverkehr diesbezüglich. Auch später als Ministerpräsident oder noch im Ruhestand besuchte er Luckau des Öfteren.

Er war mit seiner Art und seinen Erfahrungen zur richtigen Zeit am richtigen Platz!

 

Johannes Wurms